Fantastische Traumbilder

24. November 2004 by yeah

Karl Georg Nicklbauer stellt im Finanzamt aus

Bad Tölz: Es sind schon eigenartige Gestalten, die da auf hohen Stelzenbeinen aus dem Wasser staksen. Drei große und drei kleine Wesen. Das mittlere ganz in Grün, als käme es gradewegs vom Mars. Nicht ganz von dieser Welt ist wohl auch der blaue Kerl mit der Krone auf dem Kopf. Bis zur Nasenspitze untergetaucht, lurt er aus dem Wasser, das unschwer mit den blauen Bergen im Hintergrund, als der Tegernsee zu erkennen ist. „Die Delegation des Seegeists besucht das alte Gmunder Strandbad“, nannte Karl Georg Nicklbauer dieses Bild. So phantastischen und märchenhaften Figuren wie auf jenem Gemälde begegnet man oft in der Ausstellung. In „Weg II“, so der Titel der Ausstellung, sind Arbeiten aus knapp drei Jahrzehnten zu sehen. Damit wollte er seinen eigenen Weg betrachten, den er als Autodidakt gegangen ist, meint er dazu.

Ein bisschen an Hieronymus Bosch und an die Maler der Wiener Schule erinnern die Zeichnungen und Gemälde von Anfang an. Versucht man Nicklbauer in eine Schublade zu stecken, würde Phantastischer Realismus passen, und doch geht er einen eigenen Weg.

Fein und zierlich sind seine Bleistiftzeichnungen, die meist aus einer Form die nächste ergebend, unendlich viele Geschichten erzählen. Dabei tun sich ein ums andere Mal immer wieder neue Räume auf. Wie bei MC Escher kann man darin gewundene Stufentreppen hinauf und hinunterspazieren. Landschaften setzen sich hinter spitzwinkeligen Türmen bis zum Horizont fort, und blickt man ein wenig genauer hin, sind in den Steinen, Blättern und Mauerritzen Gesichter zu sehen.

Akribisch und liebevoll bis ins kleinste Detail ausgearbeitet sind auch seine Gemälde. Hier mit Aquarellfarben Schicht um Schicht aufgetragen, transparent und durchlässig, dennoch kräftig und farbenfroh. Seit etwa zwei Jahren hat Nicklbauer die Spritztechnik entdeckt, die er gerne für Himmel und Hintergrund einsetzt. Das verleiht seinen Gemälden mehr Tiefe und Spannung. In sich bewegt und doch ruhig und harmonisch erscheinen die Gemälde so, als hätte der Maler all seine phantastischen Traumbilder ganz einfach aufs Papier gesummt.

Sigrid Hofstetter, Süddeutsche Zeitung vom 05. November 2004


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